"Segne jedes Haus" - Wie ein Ohrwurm hat sich das Marienlied bei dem alten Herrn eingeprägt, der soeben die Andacht für dementiell erkrankte Menschen besucht hat. Immer wieder beginnt er die Zeile mit starker, aber ungelenker Stimme zu singen und erfüllt damit die Gänge des Caritas-Seniorenheims St. Franziskus in Berching - bis er in seinem Rollstuhl zurück in seine Station geschoben worden ist.
Die Menschen mit allen Sinnen berühren und dadurch Trost spenden - das wollen die beiden Betreuungskräfte Monika Schneider und Agnes Hoh. Seit rund zehn Jahren gestalten sie einmal im Monat eine Andacht für Demenzkranke in der Hauskapelle des Seniorenheims. Rund 20 bis 25 Personen nehmen jedes Mal daran teil. Rein formal unterscheidet sich diese wenig von normalen Andachten: Einführung, Lesung, Fürbitten, Vater unser und Segensgebet. Doch der Fokus dieser besonderen Form liegt auf der Berührung, auf dem Berührt-werden.
Mit Glockenklang und Weihwasser
Vor der Andacht legt Monika Schneider eine CD ein. "Jetzt läuten wir zusammen", meint sie und sogleich erfüllt monumentales Glockengeläut die Hauskapelle. In den nächsten 10 Minuten laden der Speyerer Dom, das Freiburger Münster und die Kathedrale zu Breslau zur Andacht ein. Der vertraute Klang der Glocken lässt die ankommenden Seniorinnen und Senioren ruhig werden. Dann beginnt das Gebet mit Weihwasser und Kreuzzeichen. Einigen alten Menschen zeichnen die beiden Frauen es auf die Stirn, andere machen es selbst.
Viele Caritas-Seniorenheime im Bistum Eichstätt bieten neben den Gottesdiensten auch spezielle Andachten für Demenzkranke an. In Berching steht das Angebot, das meistens am Montagvormittag stattfindet, auch externen Besuchern offen. Nicht zuletzt deshalb wird der Termin stets im Veranstaltungskalender der Zeitung veröffentlicht.
Anschaulich gemacht
Die Betreuungskräfte bereiten jede Andacht mit großem Engagement vor und stellen sie unter ein besonderes Thema. Dieses Mal schmücken Sie den Altar mit Kerzen. "Man darf nichts wegwerfen", meinen Monika Schneider und Agnes Hoh lächelnd und drapieren aus ihren eigenen Beständen gestaltete Taufkerzen, bemalte Kommunionkerzen, moderne Hochzeitskerzen und schwarze Wetterkerzen vor den Altar. Besondere Begeisterung rufen bei den Seniorinnen und Senioren die alten Wachsstöcke hervor, die kunstvoll gewickelt und verziert sind. Sofort erinnern sich einige, dass sie früher damit die Kirchenbänke voll Wachs getropft hätten. "Dann hat’s der Pfarrer abgeschafft", meint eine alte Dame.
Ins Innerste eingeprägt
Mit viel Einfühlungsvermögen begleiten Monika Schneider und Agnes Hoh die demenzkranken Menschen durch das Gebet. Mit Klängen, Liedern und Berührungen können wir sie gut dort abholen, wo sie stehen", meint Monika Schneider. Deren Frömmigkeit und deren jahrzehntelang gelebter Glaube hätten sich tief in ihr Innerstes eingeprägt. Dies zu aktivieren, sei ihre Motivation. "Daraus können die alten Menschen Kraft schöpfen", bestätigt Agnes Hoh, "und wir auch."